Forschungscampus InfectoGnostics
Offene Analyse-Plattform für blitzschnelle molekulare Diagnostik entwickelt
Als Gründungsmitglied und langjähriger InfectoGnostics-Partner nimmt die BLINK AG eine wichtige Rolle im InfectoGnostics-Forschungscampus Jena ein. Es verwundert deshalb nicht, dass sich der Campus-Gedanke einer Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen Industrie, Forschung und Klinik auch in den offenen Technologie-Plattformen der Jenaer Firma widerspiegelt: Die Produkt-Plattformen „BLINK X“ und „BLINK One“ bauen auf Synergien und Kooperationen im Forschungscampus auf und wurden gezielt als einander ergänzende Systeme designt, die InfectoGnostics-Partnern die Entwicklung neuartiger diagnostischer Labor-Tests und eine Übertragung in Point-of-Care-Anwendung erlauben.
Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ist heute der Goldstandard in der molekularen Infektionsdiagnostik. Doch die Methode stößt an ihre Grenzen, wenn gleichzeitig mehrere verschiedene Erreger oder Biomarker in einer Patientenprobe nachgewiesen und deren Quantität bestimmt werden sollen. Mit ihrem neuartigen Format für die digitale PCR will die Jenaer BLINK AG das ändern und in Kombination mit einer Kartuschenlösung einen flexiblen Einsatz des Verfahrens in Arztpraxen, kleineren Kliniken oder auch in Ländern ohne flächendeckende Laborinfrastruktur ermöglichen.
Das „BLINK X“ bildet dabei die Entwicklerplattform, auf der sich Kooperationspartner mit der Technologie und dem System vertraut machen und eigene diagnostische Tests (auch als Assays bezeichnet) entwickeln können. Hier können Entwickler auch händisch nachbessern, um den jeweiligen Test zu perfektionieren. Einen Schritt weiter geht das „BLINK One“ als automatisiertes System für die In-vitro-Diagnostik am Point-of-Care: Diese Produktplattform wird in den nächsten Jahren eine schnelle und unkomplizierte Komplettlösung für bereits fertig entwickelte Assays im Kartuschenformat ermöglichen, die so direkt am Ort der Behandlung für die Diagnostik eingesetzt werden können. Das heißt, „BLINK One“ könnte direkt in der Praxis oder einer kleinen Klinik stehen. Zuvor auf dem „BLINK X“ entwickelten Assays können auf diese Plattform übertragen werden. Die Software der Systeme ist dabei gezielt für eine einfache Assay-Entwicklung designt, ermöglicht und erleichtert so während der Entwicklung auch die Dokumentation für eine spätere Zulassung als Diagnostikprodukt.
Bei beiden Plattformen steht die digitale PCR (dPCR) mit fluoreszenz-kodierten „Nanoreaktor Beads“ als Schlüsseltechnologie im Mittelpunkt, wie Dr. Hartmut Bocker, ein Entwickler der BLINK AG, erklärt: „Diese BLINK Beads sind kleine Hydrogel-Kugeln, die einen separierten Reaktionsraum bilden, in dem sowohl Probenvorbereitung als auch die Nachweisreaktion – also die Vervielfältigung der gesuchten DNA-Sequenz – abläuft. Die Beads werden unkompliziert abgetrennt, indem sie als eine stabile Suspension eingebracht werden. So bleiben die Einzelreaktionen in den jeweiligen Beads separiert.“
Per digitaler PCR lassen sich so tausende einzelne Reaktionen parallel durchführen: Je nachdem, ob das gesuchte Ziel-Gen im jeweiligen Bead vorhanden ist, kann die BLINK-Plattform diese als negativ oder positiv einstufen und durch die spezifische Fluoreszenz-Markierung des jeweiligen Beads dem gesuchten Analyten klar zuordnen. „Digital bedeutet in diesem Kontext, dass das Ergebnis jedes einzelnen Beads ausgelesen und negativ oder positiv bzw. null oder eins zugeordnet werden kann“, erläutert Bocker. Die digitale PCR innerhalb der Nanoreactor-Beads ermöglicht so eine extreme schnelle, hochsensitive und präzise Analyse. Damit ist die Methode für den Nachweis von Analyten in Konzentrationen geeignet, die mit herkömmlichen Verfahren schwer zu erfassen wären.
Für die am InfectoGnostics Forschungscampus Jena erforschte Point-of-Care-Diagnostik wird in den kommenden Jahren insbesondere das 2023 vorgestellte „BLINK One“-System von großer Bedeutung sein: Die Plattform ist als vollautomatisiertes Sample-to-Answer-System konzipiert, sie verarbeitet die Probe, macht alle vorgesehenen Tests und zeigt direkt das Ergebnis. Somit ist sie ideal für den Vor-Ort-Einsatz abseits hoch spezialisierter Diagnostiklabore geeignet. Die kartuschenbasierte Plattform liefert in unter 15 Minuten Ergebnisse von labordiagnostischer Qualität. Herzstück des Point-of-Care-Systems ist die „BLINK One“-Kartusche – eine abgeschlossene und mit allen für die Verarbeitung der Probe mit den Nanoreaktor-Beads benötigten Reagenzien bestückte Kartusche, die für die Analyse verschiedenster Probentypen und Probenvolumina genutzt werden kann. Der Arzt oder die Ärztin gibt dann nur noch die Probe in die Kartusche, „BLINK One“ durchläuft alle erforderlichen Testschritte und liefert direkt das Ergebnis. Das Gerät funktioniert demnach wie ein eigenes kleines Labor, das gleichzeitig mehrere Tests mit geringen Mengen der Patientenprobe durchführen kann.
In aktuellen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten, InfectoGnostics-Projekten werden beide BLINK-Plattformen genutzt und kontinuierlich weiterentwickelt: So entsteht derzeit im Forschungscampus-Leitprojekt ADA ein „BLINK One“-Assay zur MRSA-Detektion für die Human- und Veterinärmedizin. Ziel des Projektes ist die schnelle Detektion von Virulenzfaktoren und Resistenzgenen – sowohl aus Abstrichproben von Patienten als auch aus Milchproben von Kühen. Zugleich soll dank der BLINK-Plattform die Typisierung von Erregern und eine schnelle Anpassung der Assays an neue Erreger ermöglicht werden.
Von der disziplin- und branchenübergreifenden Zusammenarbeit im InfectoGnostics Forschungscampus konnte die BLINK AG in mehrfacher Hinsicht profitieren: So wurden Synergien bei der Weiterentwicklung der Assays genutzt, Zugang zu klinischen Proben ermöglicht, um die entwickelte Technologie erfolgreich zu validieren, sowie gemeinsam Drittmittelprojekte eingeworben und wissenschaftliche Ergebnisse gemeinsam publiziert. InfectoGnostics unterstützte das Unternehmen in der Öffentlichkeitsarbeit für das Fachpublikum auf Messen und Kongressen, aber auch für forschungsinteressierte Bürger. Darüber hinaus liefert die „POCT-ambulant“-Begleitforschung den Campus-Partnern wichtige Einblicke in die diagnostische Versorgung in Hausarztpraxen. „All diese Faktoren haben dazu beigetragen, dass die Entwicklung der Produktplattformen maßgeblich beschleunigt, wenn nicht gar erst ermöglicht wurden“, sagt Hartmut Bocker.
Für die Entwicklung der BLINK Diagnostik-Plattformen BLINK X und BLINK One war das neben der Forschungscampus-Förderung zusätzlich eingeworbene InfectoGnostics-Projekt "ASSURER" ein wichtiger Schritt hin zu einer vollautomatisierten Lösung. Das Projekt hatte das Ziel, die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs zu verbessern. In einer von InfectoGnostics koordinierten Kooperation von vier kleinen und mittelständischen Unternehmen mit einer Klinik haben die Partner Technologien zur Diagnose und Früherkennung von Gebärmutterhals- und Eierstockkrebs entwickelt. Jeder der Projektpartner trug mit seinen individuellen Technologien zur Neugestaltung des Tests bei. Diese Zusammenarbeit ermöglichte beispielsweise die Entwicklung eines Moduls zur automatisierten Probenaufbereitung für den GynTect-Krebstest und einer Kartusche für die „BLINK One“-Plattform.
Die BLINK AG hat mit ihrem revolutionären Ansatz für eine zuverlässige quantitative molekulare Multiplex-Analytik das Tor für einen technologischen Umbruch in der Schnelldiagnostik von Infektionskrankheiten geöffnet: Von der Probe bis zum Ergebnis in weniger als 15 Minuten, das könnte ein neuer Standard werden - ermöglicht durch die langfristige enge Zusammenarbeit öffentlicher und privater Partner im Forschungscampus InfectoGnostics.