MODAL

Forschungscampus MODAL

Wie steuert man ein Gasnetz? Was ist die beste Flugroute? Wie verbessert man die Gesundheit mit Daten aus mobilen Apps? Wie nutzt man dafür die neuesten Rechnerarchitekturen? Dies sind nur einige Fragen, denen der Forschungscampus MODAL, angesiedelt im Zuse-Institut auf dem Campus der Freien Universität Berlin, nachgeht. Dafür entwickelt der Forschungscampus MODAL mathematische Methoden zur Optimierung datengetriebener Prozesse aus den Bereichen Energie, Gesundheit, Mobilität und Kommunikation.

Train rotations are optimized over four weeks (blue: timetabled tripes, yellow: deadhead trips
©Forschungscampus MODAL, RailLab

Was macht den Forschungscampus aus?

Die Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten – eine davon ist es, eine gewisse Vorhersehbarkeit von komplexen Szenarien durch datenverarbeitende Systeme zu gewinnen. Diese Vorhersehbarkeit ist sowohl für die Wissenschaft als auch für die Industrie und die Politik entscheidend: sei es zur Erfassung kommender Trends, um datenbasierte Grundlagen für Entscheidungen zu formen oder um in einer datengetriebenen und global vernetzten Welt wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Forschungscampus MODAL betreibt daher mathematische Forschung, die den digitalen Wandel für wirtschaftlich relevante Innovationen nutzbar macht.

Dabei kombiniert der Forschungscampus MODAL mathematische Methoden aus den Bereichen Modellierung, Simulation und Optimierung (MSO), Künstliche Intelligenz (KI), Maschinelles Lernen (ML) und Höchstleistungsrechnen (HPC) mit Kompetenzen in den Anwendungsfeldern nachhaltige Energieversorgung und Mobilität, personalisierte Medizin und Nanophotonik.

Die entwickelten digitalen Entscheidungsunterstützungssysteme machen technologieübergreifende Entwicklungssprünge möglich und bringen Innovationsprozesse in den involvierten Partnerunternehmen entscheidend voran. Bisherige Erfolge umfassen z.B. die Lösung von vorab nicht zugänglichen Planungs- und Steuerungsproblemen für gesamtdeutsche Versorgungs- und Verkehrsnetze oder die präzise Frühdiagnose von Krankheiten.

In sechs Labs (EnergyLab, MobilityLab, MedLab, NanoLab, HPCLab und SynLab) kooperieren unterschiedliche Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft, die alle gleichberechtigt in der Mitgliederversammlung vertreten sind. Der Forschungscampus MODAL ist an das Berliner Mathematik-Exzellenzcluster Math+ und die Graduiertenschule Berlin Mathematical School angebunden.

Worauf liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Forschungscampus?

Der inhaltliche Schwerpunkt des Forschungscampus MODAL liegt auf der Erforschung von datengetriebenen Prozessen. Diese basiert auf dem Dreiklang „Daten-Modelle-Lösungen“: (1) Komplexe Daten aus der Praxis der Anwendungsfelder werden aufbereitet und analysiert, dann (2) in Modelle zur Beschreibung der unterliegenden realen Prozesse umgesetzt und (3) Algorithmen und darauf beruhende Software zur effizienten Lösung der zugrundeliegenden Probleme erarbeitet. Ziel ist die innovative Formulierung und effiziente Lösung von sehr großen (und zunehmend größer werdenden) Optimierungsproblemen, für die derzeit keine Lösungsverfahren existieren. Dazu ist die Einbeziehung von Big Data- und KI-Methoden sowie die Nutzung von modernen Architekturen des Höchstleistungsrechnens erforderlich. Diese Entwicklung entsprechender Verfahren – aus der Grundlagenforschung heraus zuerst in Form von Forschungs-Codes, in weiteren Entwicklungsschritten in Form von Demonstratoren und Prototypen, später ggf. auch die Durchführung von Anwendungsstudien – sind die wissenschaftlichen Kernthemen des Forschungscampus MODAL.

Im Anwendungsfeld nachhaltige Energieversorgung arbeitet der Forschungscampus MODAL beispielsweise an intelligenten Instrumenten zur optimalen Planung von Investitionen in den Netzausbau und für den effizienten und sicheren Betrieb der Netze. Im Bereich personalisierte Medizin forscht der Forschungscampus an der Erweiterung der etablierten punktuellen klinischen Datenanalyse, um neue Möglichkeiten im Bereich der Frühdiagnose, des Krankheitsmanagements und der Therapieüberwachung zu eröffnen.

Weitere Hintergrundinformationen

In den folgenden Texten finden Sie weitere Informationen zum Forschungscampus MODAL.

In der ersten Förderphase optimierte der Forschungscampus MODAL technologische, netzwerk-basierte Prozesse, die zu besseren Leistungen in der Gesundheitsvorsorge, besseren Verkehrsbedingungen und zur Umsetzung der Energiewende beitragen. Ziel war es, mit mathematischen Optimierungen den Herausforderungen in den genannten Anwendungsfeldern, wie beispielsweise der im Rahmen der Verkehrswende benötige Netzausbau der Bahn, zu begegnen. Dazu etablierte der Forschungscampus MODAL ein starkes Netzwerk aus Wissenschaft und Wirtschaft.

Konkret erzielte der Forschungscampus MODAL in der ersten Förderphase folgende Ergebnisse innerhalb der unterschiedlichen Labs: Im GasLab entwickelte er ein computergestütztes Assistenzsystem für Gasnetzbetreiber (OGE), welches eine optimierte Netzsteuerung im 24/7 Betrieb ermöglicht. Im BahnLab arbeitete der Forschungscampus an zwei Verfahren zur Eisenbahnumlaufoptimierung, welche in die Planungssysteme FEO (DB Fernverkehr) und ivu.rail (LBW Optimization GmbH) integriert wurden. Auch im MedLab fanden mathematische Optimierungen statt. Um die Verbesserung der Gesundheitsvorsorge weiter voran zu treiben, flossen Verfahren zur Auswertung von biomedizinischen Omics- und Bilddaten in verschiedene Plattformen der beteiligten Industriepartner ein. Durch die direkte Integration in diese Partnerplattformen konnte der Forschungscampus eine große Menge an Daten effizient abspeichern und anschließend auswerten.

Eine weitere relevante Umsetzung der ersten Förderphase war die Mitarbeit an der Entwicklung des Frameworks SCIP. Diese „Open Source“ Software fungiert als Entscheidungsunterstützungshilfe, indem sie das schnelle Lösen von mathematischen Optimierungsproblemen erlaubt. Im SynLab ging es sich vor allen Dingen um die Weiterentwicklung der SCIP Suite und um die Quervernetzung der verschiedenen Labs. Entscheidend für den Forschungscampus MODAL ist, dass spezielle mathematische Lösungen aus einem Lab, auch übergreifend – relevant für alle weiteren Labs – aufbereitet werden.

Die zunehmende Bedeutung datengetriebener Modellierung und Optimierung in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz (KI) sowie aktuelle Entwicklungen in den Anwendungsbereichen Energie und Mobilität führten zur thematischen Erweiterung zweier Labs (das GasLab wurde zum EnergyLab, das BahnLab wurde zum MobilityLab) und zur Einrichtung zwei neuer Labs (HPCLab und NanoLab). Dies ermöglichte ein verstärktes Engagement von Industriepartnern, die als Netzwerk von kleinen, mittleren und großen Unternehmen mit den Forschungspartnern ein Innovationsökosystem bilden.

In der zweiten Förderphase liegt der Fokus des Forschungscampus MODAL vorwiegend auf vier anwendungsbezogenen Labs: Im EnergyLab treibt der Forschungscampus die Entwicklung der wichtigsten Energieträger wie Biogas und Wasserstoff voran, um zum Erfolg der Energiewende beizutragen. Im MobilityLab steht die Optimierung vernetzter Verkehrssysteme, insbesondere hinsichtlich der Flugplanung, der Luftfrachtlogistik und des Einsatzes von Elektrobussen, im Vordergrund. Das NanoLab bezieht sich auf die Entwicklung von Bauelementen für Solarzellen und Quantenkryptographie. Und im MedLab werden intelligente Gesundheitsdienstleistungen weiter vorangetrieben. Durch die kontinuierliche Analyse großer Datenströme aus mobilen Gesundheitsanwendungen lassen sich präzise Schlussfolgerungen über Patientenbedarfe herstellen.

Daneben existieren zwei methodenorientierte Labs: Im SynLab geht es sich nach wie vor um die Zusammenführung der Ergebnisse und um die Weiterentwicklung der SCIP Suite. Das HPCLab steht für die effiziente Nutzung künftiger Prozessorarchitekturen und Speichertechnologien, insbesondere durch Parallelisierung.

Der Forschungscampus MODAL führt assoziierte Projekte durch und unterhält Kooperationen mit Forschungspartnern: auf lokaler Ebene ist die Hochschule für Technik und Wirtschaft und die Technischen Universität Berlin involviert. Auf international Ebene laufen Kooperationen mit dem Institute of Statistical Mathematics (ISM, Tokio), dem Institute of Mathematics for Industry (IMI, Fokuoka), dem Institute for Data Valorization (Montreal) und dem Institute for Pure and Applied Mathematics (Los Angeles). Zudem führt der Forschungscampus MODAL Serien von Tagungen und Workshops durch, u.a. die Konferenz Digital Future, die Herbstschule Combinatorial Optimization at Work (CO@Work), und das Studentenaustauschprogramm Graduate Level Research in Industrial Projects for Students (G-RIPS).

Ein Highlight des Forschungscampus MODAL ist die Beteiligung an der Entwicklung des IP-Solvers SCIP, eines der aktuell schnellsten „Open Source“ Solvern, welches durch mathematische Rechnungen als Entscheidungsunterstützungshilfe fungiert. Die Mitwirkung an der Konstruktion des Umlaufoptimierungssystems FEO, das im Finale der INFORMS Edelman Competition 2020 präsentiert wurde, ist ein besonderer Erfolg des Forschungscampus. Ein weiteres Highlight ist die Entwicklung des GasNavis, ein Tool, welches eine stundengenaue Gasflussprognose ermöglicht. Das GasNavi gewann den EURO Excellence Practice Award 2016. Einen Meilenstein stellt die Entwicklung neuer Methoden zur Integration von zirkulärer RNA in die Diagnose von Krebskrankheiten dar. Diese neuen Methoden führten zur Verbesserung der Früherkennung bei bestimmten Krebsarten, wie z.B. Leukämie.

Die Förderinitiative „Forschungscampus“ leistet einen Beitrag zur weiteren Umsetzung der Etablierung einer offenen Innovations- und Wagniskultur. Die neun Forschungscampi fördern mit dem implementierten Konzept „Forschen unter einem Dach“ eine neue, offene Innovationskultur, welche die Entstehung von Innovationen und Transferprozessen fördert. Jeder Forschungscampus hat diese Form der Zusammenarbeit auf seine eigene Art und Weise umgesetzt. Somit tragen die Forschungscampi individuell, auch abhängig von der jeweiligen inhaltlichen Ausrichtung, dazu bei, dass aus Spitzenforschung schnell innovative Produkte und Geschäftsideen entstehen.

Der Forschungscampus MODAL stellt im MedLab das Thema „Gesundheit und Pflege“ im Vordergrund. Die Bereiche „Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Energie“ sowie „Sicherheit“ werden im EnergyLab und im NanoLab thematisiert.  Im MobilityLab dreht es sich um das Thema „Mobilität“ und das SynLab umfasst die Bereiche „Wirtschaft und Arbeit 4.0“.

Die Forschungscampi