21.05.2023 Digital Photonic Production
Forschungscampus DPP feierte am 16. Mai den internationalen Tag des Lichts
Seit zwei Millionen Jahren nutzen Menschen das Feuer. Seit über 100 Jahren leben Menschen im Schein des elektrischen Lichts. Licht ist Energie, Licht ist Wärme, Licht ist die Lebensgrundlage unserer Welt, wie wir sie kennen. Licht hat die Menschheit in entscheidenden Lebensbereichen verändert: zum Beispiel in der Medizin, in der Kommunikation, in der Energieproduktion.
Das Licht und die Neugier auf die Geheimnisse des Lichts treiben die Wissenschaft bis heute stetig an: Vor 63 Jahren, am 16. Mai 1960, gelang es Theodore Maiman, zum ersten Mal einen Laser einzusetzen. Er entwickelte einen Laser mit Hilfe eines Rubins, der einen hohen Chromgehalt aufweist und grünes und blaues Licht absorbiert, während er zugleich rotes Licht aussendet. Indem er weißes Licht in einen Zylinder aus Rubin blitzte, regte Maiman die Elektronen im Chrom an. Die so angeregten grünen und blauen Wellenlängen wurden absorbiert und verstärkten folglich die roten Wellenlängen, bis der Lichtimpuls des Rubins auf eine hohe Leistung verstärkt wurde und in einem Laser resultierte. Damit gab er den Startschuss für ein spannendes neues Forschungsfeld, das die Welt bis heute prägt.
Der Forschungscampus Digital Photonic Production nutzt gebündeltes Licht, den Laser, als Schlüsseltechnologie für die effiziente und nachhaltigere Produktion der Zukunft. Das Spektrum des Lichts eröffnet der Forschung zahlreiche Möglichkeiten, die Bedürfnisse der Menschheit zu adressieren. So haben es sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungscampus DPP zur Aufgabe gemacht, lichtbasierte und laserbasierte Technologien grundlegend zu erforschen: Durch das Werkzeug Licht, den Laser, ist es möglich, zu strukturieren, abzutragen, aufzutragen, zu schmelzen, zu fügen und zu schneiden.
In einer einzigartigen strategischen Form der Zusammenarbeit, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), arbeiten Partnerinnen und Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft unter einem Dach zusammen und nutzen eine gemeinsam geschaffene technische Infrastruktur, um Grundlagenforschung interdisziplinär betreiben zu können. Parallel dazu wird eine gemeinsame Wissensbasis, der DPP Open Know-how-Pool geschaffen, um eine nachhaltige strukturelle Weiterentwicklung des Forschungscampus DPP zu sichern. Kern dessen ist nicht nur ein gemeinsamer Kooperationsvertrag, sondern auch eine, alle Themen innerhalb des Forschungscampus DPP umfassende IP-Hülle. Innerhalb des Open Know-how-Pools erforschen die Partnerinnen und Partner in den drei Kompetenzfeldern Digital, Photonic und Production jeweils systematisch Technologien, Kompetenzen sowie Komponenten der Lasertechnik und integrieren diese in den beiden Anwendungsfeldern Additive Production und Subtractive Production in industrielle Prozessketten.
In der aktuellen, zweiten Forschungsförderphase etabliert der Forschungscampus DPP eine flexible und agile Projektorganisation. Dazu treffen sich die Mitarbeitenden zu jeweils zwei ein- bis zweiwöchigen Sprints pro Halbjahr. So werden die Vorortzeiten der Forschungscampus-Mitarbeitenden synchronisiert und der Dialog untereinander verstärkt. Ein Sprintteam ist typischerweise interdisziplinär aufgestellt und besteht aus drei bis acht Mitarbeitenden aus Wissenschaft und Wirtschaft. Jedes Sprintteam verfolgt ein spezifisches, klar definiertes Sprintziel. Die halbjährlich neu festgelegten Sprintziele sind SMART, das heißt: Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch, Terminiert. Auf der halbjährlich im Forschungscampus stattfindenden Vollversammlung präsentieren die derzeit 17 Sprintteams ihre wesentlichen Ergebnisse und dokumentieren diese auch im eigens aufgebauten Intranet des Forschungscampus DPP. So wird das in allen Sprintteams erarbeitete Know-how allen Forschenden des Forschungscampus frei zugänglich und nachhaltig zur Verfügung gestellt. Die entstehenden Erkenntnisse und Ergebnisse im Forschungscampus DPP werden prototypisch in industrielle Prozessketten integriert. „Unsere 17 Sprintteams sind strategisch so konzipiert, dass sie bewusst mehr als einen Teilbereich (Digital, Photonic, Production) abdecken und sich Synergien entwickeln können“, erklärt Dr. Christian Hinke, strategischer Leiter des Forschungscampus DPP. „Die Sprintteams verfolgen mit Grundlagenforschung das Ziel, Anwendungen im industriellen Alltag zu optimieren.“
Die Bearbeitung von Glas mit dem Laser und die dazugehörige Prozessdiagnostik ist beispielsweise im Hinblick auf Solarzellen, Leiterbahnen oder die Durchlässigkeit von Mobilfunkfrequenzen relevant für unseren Alltag. Die Multistrahlbearbeitung, also der Einsatz mehrerer Laserstrahlen, beispielsweise ultrakurz gepulster (UKP) Strahlquellen, bieten Potential für Produktivitätssteigerung, Leistungssteigerung und Effizienz bei der Materialbearbeitung (z.B. auf Metallen wie Kupfer).
Das Thema Steuerungstechnik spielt in der Laserforschung eine weitere große Rolle: Lasermodule können in vielen Anwendungsbereichen wie Mikrostrukturierung, Schweißen und Schneiden eine hohe Produktqualität erreichen. Um jedoch rentabel industriell eingesetzt zu werden, müssen die meisten Systeme mit einer Optik kombiniert werden. Deren Aufgabe ist es, den Laserstrahl zu formen und zu führen. Ein Sprintteam befasst sich mit der Entwicklung einer Methode, mit der alle Komponenten eines Laseraufbaus angesteuert und synchronisiert werden können. Dazu ist es von Bedeutung, die Vergleichbarkeit verschiedener Grundprinzipien, die zur Strahlformung und -führung eingesetzt werden, zu prüfen. So entsteht wertvolles Wissen sowohl über Leistungsgrenzen als auch -potentiale.
Von Bedeutung ist auch die Forschung an der Optikfertigung und den zugehörigen Technologien. Ein Team arbeitet derzeit daran, mit Hilfe eines sogenannten Diamantzerspanungsprozesses, eine anwendungsorientierte, spezifische Strahlformung zu ermöglichen, die auch bei hohen Leistungsdichten zuverlässig funktioniert.
Um verschiedene Ansätze erproben und validieren zu können, entwickeln die Forschenden ein variabel einsetzbares Bewegungssystem zur großflächigen Laserbearbeitung. In einem Sprintteam werden derzeit teamübergreifend alle Anforderungen vier verschiedener Sprintteams definiert, und eine Anlage konzipiert, die dem gesamten Anforderungskatalog gerecht wird. Dies versucht, verschiedene Strahlformungs- und Ablenksysteme zu kombinieren, optomechanische Module und deren Ansteuerung für kaskadierte Scansysteme (hintereinander geschaltete Systeme) zu entwickeln und zu erproben.
Weiterhin wird an thermischen Prozessmodellen für die Ansteuerung von Laserstrahlung geforscht, um optimale Temperierprozesse bei der Materialbearbeitung zu erreichen und somit Fehleranfälligkeiten zu vermeiden. Darüber hinaus wird Laserlicht in der Sensorik bei der Prozesskontrolle eingesetzt und spielt eine entscheidende Rolle in der Fehlerdetektion. So ist es möglich, Produktionszeit- und -kosten zu optimieren und Maschinen flexibel einzusetzen. Ein weiterer Teil der Sprintteams des Forschungscampus DPP setzt den Schwerpunkt im Bereich des Additive Manufacturing (AM) und erforscht unter anderem die Modulation der Laserleistung für das LPBF oder entwickelt eine optimierte Legierung, die dann für das AM genutzt werden kann (stabiler, effizienter, rissfreier). Weiterhin forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerinnen an softwarebasierten Methoden, um Bauteile im AM-Bereich automatisiert designen und fertigen zu können. Schlussendlich soll die gesamte AM-Prozesskette abgebildet, dokumentiert und simuliert werden können. Für das Additive Manufacturing ist zudem die Forschung an optimierten Methoden zur Prozesscharakterisierung und Maschinenübertragbarkeit relevant.
Das Potential des Lasers, und damit auch des Lichts, ist für den Einsatz in der Wissenschaft einmalig. Laser und lichtbasierte Technologien sind der Schlüssel zur Zukunft. Am Forschungscampus DPP ist die Forschung mit Licht bereits in vollem Gange, wie Lucas de Andrade Both, Doktorand im Forschungscampus DPP in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Lasertechnik der RWTH Aachen, feststellt: „Die Forschungscampus-Kultur ist ein Win-Win-Szenario: Die Industriepartner können ihre Bedürfnisse und Ambitionen für bestimmte Laserprozesse darlegen und der Lehrstuhl kann wiederum technologische Lösungen konzipieren und entwickeln.“